04/1998

MAI (Multilaterales Investitionsabkommen) verhindern

Seit mehr als 2 Jahren verhandeln die OECD-Länder, das sind die 29 reichsten Staaten der Welt, über ein Abkommen mit dem harmlos klingenden Titel MAI, (Multilaterales Investitionsabkommen). Die Verantwortlichen werden schon gewußt haben, warum sie die Verhandlungen 2 Jahre lang vor der öffentlichkeit fast vollkommen geheimgehalten haben, denn dieser Vertrag wird die Macht der multinationalen Konzerne noch weiter ausdehnen, als es ohnehin schon der Fall ist.

Konzerne dürfen alles - wir nichts

So sind z.B. die Interessen der Konzerne (wie der uneingeschränkte Transfer von Gewinnen von einem Land in ein anderes) durch Bestimmungen im Vertrag festgelegt, während die Interessen der Bevölkerung nur durch Empfehlungen aufscheinen. So wird den Staaten empfohlen, Sozial- und Umweltstandards nicht zu senken um Investoren anzulocken, die Unternehmer " sollten" das Recht ihrer ArbeiterInnen auf gewerkschaftliche Organisierung respektieren, die Arbeitsbedingungen "sollten" nicht schlechter sein als bei anderen Firmen im Gastland, sie "sollten" ihre Personalpolitik in einer nichtdiskriminierenden Art und Weise betreiben.

Das US-Council for Business (der Initiator des MAI) meint dazu: " (....) Wir wenden uns gegen jede Maßnahme seitens der Regierungen, die bindende Verpflichtungen auf den Gebieten der Arbeit oder des Umweltschutzes schaffen oder nahelegen  würde."

Das MAI garantiert allen Investoren, ob in- oder ausländischen, dieselben Rechte in einem Staat, und erstreckt sich mehr oder weniger auf die gesamte Wirtschaft eines Landes. Es umfaßt fast alle Bereiche, unter anderem auch sogenanntes "geistiges Eigentum" (also z.B. Patente auf Leben), und Grundbesitz, was SpekulantInnen Tür und Tor öffnet.

Fühlt sich ein Konzern in seinen "Rechten" verletzt, so kann er den betreffenden Staat vor einem " internationalen Schiedsgericht", das für die öffentlichkeit nicht zugänglich sein wird, auf Schadensersatz verklagen (z.B. wegen "zu hoher" Umwelt- oder Sozialstandards). Das Urteil dieses Schiedsgerichts ist für die Länder verpflichtend. Umgekehrt haben Staaten aber nicht das Recht, Konzerne zu verklagen. Die Staaten haben somit auch ganz offiziell praktisch keinen Einfluß mehr auf die "eigene" Wirtschaftspolitik, sie werden zu reinen Erfüllungsgehilfen der Großkonzerne.

Die Konzerne bestehen also darauf, daß Staaten sich nicht mehr mittels Sozial- oder Umweltgesetzgebung in ihre Machenschaften einmischen (Die Multis bezeichnen das als "Enteignung"). Was das konkret bedeuten kann, sieht man am Beispiel des sogenannten Ethyl-Verfahrens. Da es im Nordamerikanischen Freihandels Abkommen NAFTA, das Vorbild für den MAI, einen ähnlichen Paragraphen gibt, verklagte die US-Amerikanische Firma Ethyl die kanadische Regierung auf Schadenersatz in der Höhe von 251 Millionen $. Die Begründung: das kanadische Parlament hatte den hochgiftigen Treibstoffzusatz MMT verboten (den die Firma übrigens nicht in der USA, sondern nur in Kanada verkauft), und die Firma sah in dem Verbot eine "Teilenteignung durch Rufschädigung". Sollte die Firma diesen Prozeß gewinnen, bedeutet das, daß kein Staat mehr Regulierungen zum Schutz der allgemeinen Gesundheit festlegen kann, es ist aber auch eine deutliche Aufforderung an die UnternehmerInnen, sich ihre Taschen mit Steuergeldern vollzustopfen. Es könnte aber zum Beispiel auch bedeuten, daß die Firma Pioneer ein Verbot zur Aussetzung gentechnisch veränderten Saatgutes nach den MAI-Bestimmungen als Teilenteignung auslegen und die Republik österreich auf Schadenersatz klagen könnte.

Doch es wird noch zu weiteren gravierenden änderungen kommen, die jedeN einzelneN betreffen werden: So werden Gratisbildung für alle und die Sozialversicherung kurz nach Unterzeichnung des MAI fallen. Denn jeder Konzern, der Privatversicherungen oder Unis/Schulen anbieten möchte, kann dann vom Staat die selben Subventionen, die öffentliche Einrichtungen erhalten ("Chancengleichheit"), verlangen - was deren völlige Abschaffung zur Folge haben wird.

Ausbeutung mit Kündigungsfrist

Um zu garantieren, daß die Konzerne auch genügend Zeit haben, die Menschen in den unterzeichnenden Staaten auszuplündern, kann ein Land erst nach frühestens 5 Jahren aus dem Vertrag aussteigen, und auch dann gelten die MAI-Bestimmungen noch weitere 15 Jahre.

Und nicht nur, daß selbstredend keine Gesetze weder lokale, regionale, oder nationale erlassen werden dürfen, die nicht MAI-konform sind, es müssen bis zu einem bestimmten Zeitpunkt auch alle bereits bestehenden Gesetze, die den MAI-Bestimmungen widersprechen korrigiert bzw. abgeschafft werden.

Die Reichen werden reicher...

Diejenigen, die dabei am meisten draufzahlen werden, werden so wie üblich die sogenannten " Entwicklungsländer" sein. Sie sind erst gar nicht an den Verhandlungen beteiligt, sondern werden vermutlich nach Vertragsabschluß mehr oder weniger gezwungen sein, die Bedingungen des MAI zu akzeptieren. Gerade in Ländern, die über keinerlei Einfluß verfügen, werden Konzerne mit Hilfe der MAI-Bestimmungen Menschen und Umwelt rücksichtslos ausplündern und zerstören können, um hinterher ihre riesigen Gewinne in die Hochburgen des Wohlstands transferieren zu können. Und jene, v.a. Frauen, die auch jetzt schon unter menschenunwürdigen Bedingungen ihr Leben fristen müssen, werden diese Regelungen am stärksten zu spüren bekommen. Ihre Hungerlöhne werden noch weiter gedrückt, ihre soziale Situation noch weiter verschlechtert.

Aber auch Frauen in der sogenannten westlichen Welt werden nichts zu lachen haben. Der zu erwartende Wettlauf der Staaten um InvestorInnen wird den radikalen Abbau der Arbeitsplätze und der Rechte der Arbeiter und Arbeiterinnen zur Folge haben, die Löhne, eben im speziellen bei Frauen, ins endlose gedrückt. Daraus folgt, daß die ohnehin schon große Arbeitslosigkeit unter Frauen weiter wachsen wird. Frauen würden wieder als brave, ihre Männer unterstützende Hausfrauen hinter dem Herd enden.

Marionettenpolitik unter der Führung von Multinationalen Konzernen ist eigentlich nichts neues. Neu ist nur, daß der demokratische Deckmantel fallengelassen wird, und die wenigen sogenannten "Rechte", die uns noch geblieben sind, sollen uns auch noch genommen werden.

Die eigentliche Frage ist, ob es in unserem kapitalistischem System um den Schutz von Investitionen oder um den Schutz von Menschen geht?!! Das Beispiel des MAI-Vertrages macht es mal wieder mehr als deutlich, daß einzig und allein der Profit der Konzerne zählt, und auf Menschen, insbesondere auf Frauen, geschissen wird. Das MAI wird nicht der letzte Versuch der multinationalen Konzerne sein, ihre (All-)Macht zu vergrößern - betroffen davon sind wir letztlich alle. Es ist Zeit Widerstand zu leisten, nicht nur um MAI zu verhindern, sondern

Gegen Kapitalismus, Rassismus, Sexismus, gegen jede Form der Ausbeutung und Unterdrückung

Für ein befreites Leben!

P.S.:  Möglicherweise läßt sich das MAI noch verhindern - schon fahren sie ein neues  Geschütz auf: das NTM, ein Abkommen zwischen der EU und der NAFTA - na dann: der Kampf geht weiter!

{rosa antifa wien}