23.11.2000

§248 / Abs 25

Widerstandswoche 43

Haider kein "politischer Gauner"?
In einem Bericht des ZDF über die Wahlen in Österreich wurde Jörg Haider als "gefährlicher politischer Gauner", "skrupelloser Demagoge", "Robin Hood der zu kurz Gekommenen" bezeichnet, sowie behauptet, er "bediene sich der ewig gestrigen Alt-Nazis". Haider klagte den TV-Sender nach dem Mediengesetz (nur wegen dem "politischen Gauner"!) und bekam im Wiener Landesgericht in erster Instanz "recht": Der Tatbestand der Beleidigung sei erfüllt. Das Gericht deutete an, dass die anderen Passagen im Rahmen einer "rein politischen Kritik" wohl unbeanstandet bleiben würden, Haiders Advokat zog die auf jene Stellen bezogene Klage zurück.

Vorbildliches Recycling
Die Wiener FPÖ entsorgte (laut SN) in den 3 Tagen vor der Hausdurchsuchung in ihren Klubräumen 14 Säcke Papierschnipsel a 30 Kilo. Normalerweise fällt bei der FP pro Woche 1 Sack Altpapier und pro Monat O Sack Reißwolfschnipsel an.

SCHEISSLAND

Opferthese bei Tätern beliebt
ÖVP-Alt- u. Ehrenobmann Alois Mock meint in der allseits bekannten Wochenzeitung Zur Zeit (17.11.) zu Schüssels Äußerung in der Jerusalem Post, Österreich wäre das erste Opfer des NS gewesen: "Ich kann diese Erklärung des Bundeskanzlers aus guten Gründen nur unterstreichen." und droht allen, die hier anderer Meinung wären: "Es ist Zeit, dass man das Verdrehen von historischen Ereignissen nicht mehr akzeptiert." Auch in der Kronen Zeitung und am CSU-Parteitag in München wurde die Opferthese sofort dankbar aufgegriffen.

Österreich entschädigt Täter
Vizekanzlerin Riess-Passer will "Anerkennung der Leistungen der Kriegsgeneration" im Kriegsgefangenen-Entschädigungsgesetz, das am 1.1.2001 in Kraft treten soll. So würden ehemalige NS-Soldaten für die Zeit ihrer Kriegsgefangenschaft in Osteuropa früher "entschädigt" als jene Menschen, die zwischen 1941 und 1945 auf das Gebiet des heutigen Österreich verschleppt wurden und hier Zwangsarbeit leisten mussten. Ein Ausschluss ehemaliger SS-Angehöriger und Kriegsverbrecher ist nicht vorgesehen.

Spitzel-Info
Auf der Regierungsklausur am Montag wurde beschlossen, EKIS durch ein "moderneres" Datensystem zu ersetzen. Eine Zugangsbeschränkung wird nicht eingeführt. Künftig soll eine "Bürgerkarte" die "Amtswege erleichtern". Bespitzelte können sich bis Jahresende über eine Hotline des Innenministeriums über Abragen zu ihrer Person informieren: 01/31346/31346 (9.00-13.00)

Justiz
Rechtsanwalt Markus Petrowsky , der als Pflichtverteidiger einen des Drogenhandels beschuldigten Angeklagten schwarzafrikanischer Herkunft vertrat, kritisierte die Forderung des Staatsanwalts nach höheren Strafen für Drogenhändler schwarzafrikanischer Herkunft als rassistisch. Das trug Petrowsky eine Disziplinaranzeige ein.

Österreich weiter boykottiert
Österreich wurde auf einer italienischen EU-Briefmarke "vergessen". Die italienische Post hat eine Sonderbriefmarke herausgegeben, die wegen eines "kleinen" Detailfehlers wieder eingezogen werden musste: Auf der Europakarte fehlt Österreich; Deutschland reicht - zumindest in dieser Version bis an den Brenner. Der Zwischenfall löste leider keine diplomatischen Verstimmungen aus.

Protest
70% der AHS-LehrerInnen befürworten einen Streik. Gewerkschafter Verzetnitsch ruft für Dienstag den 5.12. um 17 Uhr zu einer Menschenkette rund um das Parlament auf. Gegen ein unsoziales Sozialbudget soll damit protestiert werden.

SCHEISS-DEUTSCHLAND

Deportation Class
Mit einem Transparent: "LH-588 FRA-Khartum Wann folgt der nächste Todesflug der Lufthansa?" betrat eine Handvoll AbschiebegegnerInnen eine Lufthansa-Pressekonferenz. Der Lufthansa wird vorgeworfen, offenbar wieder Abschiebungen von Flüchtlingen gegen deren Widerstand zuzulassen. Und genau mit dem Linienflug LH-588, auf dem 1999 der sudanesische Asylbewerber Aamir Ageeb bei einem Abschiebeversuch ums Leben kam.

CHECKPOINT AUSTRIA

[block 1]

CHECKPOINT AUSTRIA ist eine österreichweite Manifestation gegen Sozialabbau, Demokratieabbau, Rassismus und Sexismus. Wir werden zu Krampus, am 5. Dezember morgens von 7 bis 8 Uhr Kundgebungen an allen wichtigen Verkehrsknotenpunkten Österreichs abhalten, um gegen das Budget der Grausamkeit - das am 6. Dezember im Parlament beschlossen werden soll - aufzubegehren.

[block 2]

CHECKPOINT AUSTRIA ist eine offene Plattform, partei- und organisationsunabhängig, eine Ansammlung von Menschen, die nicht bereit sind, die menschenverachtende Politik der Regierung mitzutragen.

[block 3]

Was ist CHECKPOINT AUSTRIA?

CHECKPOINT AUSTRIA ist ein Versuch, einen massiven bundesweiten Protesttag gegen das Programm der Regierung zu setzen. Ein relativ kleines Organisationsteam koordiniert die Aktionen und macht die vorbereitende Pressearbeit. Es gibt einen allgemein gehaltenen gemeinsamen Text. Die beteiligten Gruppen sind in ihrer Schwerpunktsetzung völlig unabhängig. Dadurch ist gewährleistet, daß alle Grausamkeiten der Regierung (Sozialabbau, Rassismus, Sexismus, Bildungsabbau, antidemokratisches Handeln,...) gleichermaßen zum Ausdruck kommen können. Ideologische und lokale Unterschiede sind kein Problem, sondern ein Beweis für die Vielfältigkeit des Protests.

Wer ist das Organisationsbüro?

Einzelpersonen aus verschiedenen politischen Bereichen, die keine VertreterInnen politischer Parteien sind.

Was ist die inhaltliche Grundlage von CHECKPOINT AUSTRIA?

Es gibt einen kurzen gemeinsamen Text (siehe Kasten), den alle beteiligten Gruppen unterstützen. Die Inhalte bei den Kundgebungen vor Ort werden von den jeweiligen Gruppen gestaltet.

Wie können sich Gruppen beteiligen?

Die Gruppen suchen sich selbst einen Verkehrsknotenpunkt aus. Die Anmeldung einer Kundgebung wird zwar empfohlen, [...]. Jede Gruppe ist für ihre Aktion selbst verantwortlich. Der Organisationsgruppe sollte der Ort bekanntgegeben werden und, wenn von der Gruppe gewünscht, eine Handynummer, die am Aktionstag erreichbar ist. Wir leisten logistische Unterstützung, rechtliche Information und die österreichweite Bewerbung. JournalistInnen bekommen eine Handyliste, um von jedem Punkt in Österreich berichten zu können. Zusätzlich gibt es natürlich die Möglichkeit, im städtischen Bereich als "mobile Gruppe" aktiv zu werden, die an vorher nicht bekannten Verkehrsknotenpunkten spontan kurzfristige Kundgebungen durchführt.
Infos über geplante Checkpoints bitte an info@checkpointaustria.at

Warum der 5. Dezember?

Diese Aktion braucht eine entsprechende Vorbereitungszeit. Selbstverständlich ist es sinnvoll, sozusagen als Training auch vorher schon Blockaden zu organisieren. Gleichzeitig kann dabei für den 5. Dezember geworben werden. Am 6. Dezember wird im Parlament das Budget beschlossen. Wenn diese Aktion am Vortag erfolgreich ist, wird sie auch die parlamentarische Diskussion beeinflussen.

Warum von 7 bis 8 Uhr morgens?

Kundgebungen am Abend haben immer den (ungewollten) Effekt, die meisten Menschen in der Freizeit zu behindern. Dies macht AutofahrerInnen oft zu GegnerInnen, auch wenn sie die Inhalte teilen. Wenn die Blockierten nicht nur mit politischer Information, sondern auch mit Kaffee und Tee versorgt werden, kann es zu spannenden Diskussionen kommen.

Was kostet die Aktion und wie wird sie finanziert?

Die zentrale Bewerbung (Flugblätter, Plakate, Pressekonferenzen,....) wird ca. 60.000,- kosten. Diese sollen über ein Spendenkonto reinkommen. Niemand sollte aber mehr als 1000,- spenden - wir möchten nicht den Vorwurf bekommen, von Parteien finanziert zu werden.

Die Finanzierung der einzelnen Kundgebungen wird von den einzelnen Gruppen übernommen. Flugblätter und Plakate sollten nach Möglichkeit von den einzelnen Gruppen selbst produziert werden, können aber auch bei uns angefordert werden. Vorlagen zur Produktion von Printmaterialien finden sich auf unserer Website, bezüglich Anforderung von Flyern/Plakaten: info@checkpointaustria.at

Übrigens: Jede einzelne Aktion sollte in Bild und Ton festgehalten werden, wir möchten im Nachhinein eine umfassende Dokumentation (vielleicht eine Wanderausstellung?) gestalten.

[block 4]

GEMEINSAMER TEXT

CHECKPOINT AUSTRIA
...und zu Krampus steht Österreich am Morgen still

Am 6. Dezember soll im Parlament das Budget beschlossen werden. Das vorgeschlagene Budget ist ein Budget der Grausamkeit. Es richtet sich gegen die Ärmsten in Österreich, es richtet sich gegen Frauen, es richtet sich gegen AusländerInnen. Arbeitende und Erwerbslose, SchülerInnen und Studierende, alte und junge Menschen, Familien und Alleinlebende: alle die jetzt schon zu den benachteiligten Schichten gehören, werden weiter geschröpft. Das Geld wird für die Militarisierung und für noch höhere Gewinne für noch reichere Unternehmen verwendet. CHECKPOINT AUSTRIA ist eine Aktion aller demokratischen Kräfte in Österreich: wir legen den Verkehr am 5. Dezember bundesweit lahm, um drastisch zu zeigen, daß wir uns diese verlogene Politik nicht länger gefallen lassen.

Die Politik dieser Regierung ist unsozial, bildungsfeindlich, rassistisch, frauenverachtend und militaristisch. Daher ist die einzige Forderung, die wir an sie stellen können: Tretet zurück!

[block 5]

INFOS, AKTUELLES, ...

Bundesweites Koordinationstreffen
So 26.11.00. 13h
Volksheim Salzburg, Elisabethstrasse 11, 5 Min. zu Fuß vom Bahnhof

Checkpoint Austria, PF 77, A-1072 Wien

Spendenkonto: PSK 77.682.688, BLZ 60.000

Alle Texte aus: WWW.CHECKPOINTAUSTRIA.AT